Der Mythos Karl May in Dioramen. Das Kulturgeschichtliche Museum im Museumsquartier Osnabrück widmet dem Schriftsteller Karl May ab dem 26. Januar 2019 eine Ausstellung. Sie führt mitten hinein in die exotischen Welten, die May imaginierte – etwa anhand kleiner Dioramen, die Szenen aus den Winnetou-Romanen in Miniatur nacherzählen. Dabei geht es auch um Großes.
Zwischen humanistischer Utopie und Rassismus
Einerseits steckt in Karl Mays Romanen das emanzipatorische Potenzial fantastischer Literatur. Andererseits zeigt sich: Seine Romane prägen stereotype Bilder und Vorstellungen von „den Indianern“ – bis heute. Ganz im Einklang mit Erzähltraditionen seiner Zeit macht Karl May Winnetou etwa zum edlen Wilden, der zu guter Letzt zum Christentum konvertiert. Gleichzeitig beschreibt May utopische Sehnsuchtsorte, in denen ein Gleichklang unterschiedlicher Kulturen gelebt werden kann: die Oase des Bloody Fox („Unter Geiern“), das Tal der Jesiden („Durchs wilde Kurdistan“) oder das Reich der Shen („Und Friede auf Erden“).
Große Themen in Miniaturformat
In der Ausstellung erzählen kleine Dioramen Szenen aus den Winnetou-Romanen nach. Diese „kleinen Welten“ machen Komplexes überschaubar, kurbeln gleichzeitig jedoch die Fantasie der Betrachterinnen und Betrachter an. Die Bildobjekte in 3D lassen die Betrachter zum Teil einer fremden Welt werden. Und schon stellt sich erneut die Frage: Welcher Blick auf fremde Kulturen entsteht da eigentlich? Woher kommt er? Was bewirkt er?
Vergnügen und Zwiespalt
Die Geschichte von Old Shatterhand und Winnetou begeistert Kinder, Jugendliche und Erwachsene offenbar nach wie vor. Dafür stehen die millionenfachen Besucherzahlen der „Karl-May-Spiele“. Auch in der Ausstellung lässt sich ein lustvoller Erinnerungs-Sog an Lesenächte unter der Bettdecke und „Indianer-und-Cowboy“-Spiele erleben – ein zwiespältiges Vergnügen. Wie soll, wie kann man sich heute zwischen der inszenierten Literatur- und Filmwelt Karl Mays sowie seiner Figuren und der authentischen Geschichte von Nordamerikas „First Nation“ positionieren? Diese Frage nimmt die Ausstellung den Besucherinnen und Besuchern bewusst nicht ab. Ein umfangreiches Begleitprogramm zur Ausstellung lädt dazu ein, diese Frage gleichermaßen mit Verstand und Vergnügen auszuloten.
Die NOZ über den Popstar Karl May
Die NOZ über die Blutsbrüder Ausstellung vom 23.1.
Die NOZ über die Blutsbrüder vom 24.1.19
Der NDR auf seiner Website über die Blutsbrüder
Ein Bericht auf SAT1 zur Ausstellung
Die taz meint: Die Schau macht alles richtig, was eine Schau machen muss
Für alle die sich die Vorträge noch einmal ansehen wollen
Begleitprogramm
Freitag, 22.02.2019, 18-22 Uhr, Museumsquartier. Akzisehaus
»Winnetou und Old Shatterhand – Die Kinoklassiker der 1960er Jahre«
Filmvorführung und Diskussion mit Willi Stroband und Andreas Brenne
Mitte der 1960er Jahre gehörten die durch die Constantin-Film und die CCC-Film in Deutschland verbreiteten Karl-May-Verfilmungen zu den Kassenschlagern. Gezeigt und besprochen werden die Filme „Winnetou I“ von 1963 (Produzent: Horst Wendlandt) und „Old Shatterhand“ von 1964 (Produzent: Arthur Brauner) mit Pierre Brice als Winnetou und Lex Barker als Old Shatterhand in den Hauptrollen.
Eintritt 5 Euro, ermäßigt 3 Euro
Mittwoch, 27.02.2019, 18-20 Uhr, Museumsquartier. Akzisehaus
Winnetou und Old Shatterhand – eine Freundschaft?
Prof. Dr. Helmut Schmiedt (Universität Koblenz – Karl May-Gesellschaft)
Winnetou und Old Shatterhand, die legendären Blutsbrüder in den Abenteuerromanen Karl Mays, gelten als eines der größten Freundespaare der deutschen Literatur. Aber der genaue Blick zeigt, dass es an manchen Stellen dieser Beziehung große Probleme gibt, z. T. mit katastrophalen Folgen. Der Vortrag wird diese Aspekte beleuchten und dabei auch herausstellen, wie aktuell manches darin wirkt.
Mittwoch, 13.03.2019, 18-20 Uhr, Museumsquartier. Akzisehaus
Indigene Reaktionen auf Deutsche Indianertümelei
Prof. Dr. Hartmut Lutz (Universität Greifswald, Institut für Amerikanistik/Native-American Studies)
Unsere von Karl May geprägten Indianervorstellungen führ(t)en ein Eigenleben ohne Berührung mit Indigenen aus Nordamerika. Heute setzen sich Indigene aus Kanada und USA zunehmend kritisch mit Deutscher Indianertümelei auseinander.
Mittwoch, 03.04.2019, 18-20 Uhr, Museumsquartier. Akzisehaus
Old Kara Ben Sherlock – Zur Geburt zweier Mythen aus den Niederungen der Trivialliteratur
Prof. Dr. Volker Neuhaus(Universität Köln, Germanistik)
Als der Roman Ende des 19. Jahrhunderts endgültig zur Ehre der literaturkritischen Altäre gelangte, zahlte er dafür mit dem „Glücks- und Heldenverbot“, wie Harald Weinrich das genannt hat: Sobald ein Erzähltext von einem Helden handelt und glücklich ausgeht, leuchtet beim Kritiker ein Warnlämpchen auf: „Achtung! Trivial!“. Die so entstandene Lücke in der Publikumserwartung stillten zwei nahezu gleichzeitig im Jahr 1892 in die Literatur eingetretene Helden – Old Shatterhand und Sherlock Holmes. Beide wurden zu Mythen, der eine in Mitteleuropa, der andere weltweit.
Samstag, 06.04.2019, 19 Uhr, Museumsquartier. Akzisehaus
Der persische Pantoffel, PuzzleCat Entertainment
Der große britische Detektiv Sherlock Holmes pflegt seinen Tabak immer in einem persischen Pantoffel aufzubewahren. Doch wie kam er in den Besitz dieser orientalischen Fußbekleidung? – Als ihn der verschrobene englische Lord Sir David Lindsay aufsucht, um ihn in einem recht exotischen Fall zu konsultieren, wird er durch die Ausführungen des Lords an eine Begebenheit während seines unfreiwilligen Exils erinnert. 1893 trifft er nämlich in Persien am Hof des Schah-in-Schah auf den deutschen Reiseschriftsteller Kara Ben Nemsi und dessen Freund und Begleiter Hadschi Halef Omar. Gemeinsam kommen sie einer üblen Verschwörung auf die Spur, begegnen dem rätselhaften Geheimbund der Sillan und ein persischer Pantoffel liefert den entscheidenden Hinweis.
Das Live-Hörspiel des Hörspielkollektivs PuzzleCat Entertainment erlaubt unmittelbare Einblicke in die Möglichkeiten einer fiktiven Begegnung zwischen Sherlock Holmes und den Figuren des Mayversums.
Eintritt 5 Euro, ermäßigt 3 Euro
Mittwoch, 10.04.2019, 18-20 Uhr, Museumsquartier. Akzisehaus
Blutsbrüder und Todfeinde: Karl May und Amerika-Romantik in der DDR
Dr. Frank Wolf (Universität Osnabrück, Historisches Seminar)
Die SED stand vor einem Dilemma: Zum einen integrierte sie zum einen die amerikanischen Ureinwohner als unterdrückte Menschen in die Dialektik des materiellen Kapitalismus, um die USA insgesamt zu diskreditieren. Zum anderen erwuchs die Indianerbegeisterung in der DDR-Bevölkerung aus der Sehnsucht nach dem unerreichbaren Fremden weit hinter der Mauer. Die Indianer- und Amerika-Romantik erlaubte die mentale Flucht aus der schalen Realität des reell existierenden Sozialismus – was im SED-Staat schnell als politische Unzuverlässigkeit ausgelegt werden konnte. Dies führte zu zahlreichen Konflikten, aber auch zu Freizonen in Kulturgruppen und Vereinen und kulminierte vor allem in der Region um Karl Mays Lebensort Radebeul. Der Vortrag erkundet, wie das imaginierte Fremde Karl Mays ein imaginiertes Fremdes in der DDR erlaubte und diskutiert, inwiefern diese Begeisterung für den „Wilden Westen“ im öden Osten eine kritische oder eine affirmative kulturelle Praxis war.
Freitag, 26.04.2019, 18-22 Uhr, Museumsquartier. Akzisehaus
»Forget Winnetou!«
Filmvorführung und Diskussion mit Red Haircrow
In seinem Film „Forget Winnetou!“ setzt sich der in Berlin ansässige US-amerikanische Dokumentarfilmer Red Haircrow kritisch mit den kulturellen Stereotypen der Deutschen auseinander, die durch die populären Western und Abenteuerromane wie die Karl Mays (u.a. in der „Winnetou“-Trilogie) transportiert wurden und vor allem durch die filmischen Transformationen der 1960er Jahre bis heute ihre Wirksamkeit entfalten. Als Native American kann er aus eigener Erfahrung über die Auswirkungen dieser Inbesitznahme des „Anderen“ berichten, wobei die Perspektive der „First Nation“ im Zentrum steht.
Eintritt 5 Euro, ermäßigt 3 Euro
Freitag, 03.05.2019, 19 Uhr, Museumsquartier. Akzisehaus
»Winnetou – Der Mythos lebt«
Lesung mit Jean-Marc Birkholz
Jean-Marc Birkholz ist der bekannte Winnetou-Darsteller der Karl-May-Spiele in Elspe und Rathen. Während seiner interaktiven Lesung der zentralen Passagen aus Karl Mays Werk „Winnetou I“ wird der Schauspieler dabei zugleich die Accessoires seines Bühnenkostüms vorstellen. Bei der familienorientierten Veranstaltung gibt es also vieles zu sehen und zu hören.
Mittwoch, 08.05.2019, 18-20 Uhr, Museumsquartier. Akzisehaus
»Leben und Schicksale der Pokahuntas« – Eine amerikanische Indianerprinzessin in einem Roman der deutschen Aufklärung
PD Dr. habil. Sabine N. Meyer (Universität Osnabrück, Amerikanistik)
Der Vortrag beschäftigt sich mit der ersten literarischen Adaption des Pocahontas-Mythos, die nicht – wie zu erwarten wäre – dem angloamerikanischen sondern dem deutschen Kontext entstammt. Im Jahre 1781 veröffentlichte der pommersche Pastor Carl Friedrich Scheibler einen Roman über Pocahontas – eine literarische Vorgängerin von Karl Mays Indianerprinzessin Nscho-Ntschi. Eine eingehende Analyse demonstriert, dass Scheibler sich mit seiner Pocahontas-Darstellung von den gängigen Indianerdarstellungen im Heiligen Römischen Reich absetzt.
Mittwoch, 15. Mai 2019, 16:30 Uhr
Der „Prärieindianeranzug“ des Osnabrücker Kaufmanns Flohr
Stadtgespräch mit Ralf Langer
Schon seit der „Entdeckung der Neuen Welt“ durch die Europäer zu Beginn der Neuzeit wurde die einheimische Bevölkerung Amerikas durch die europäische Besiedlung systematisch verdrängt. Der Widerstand in Nordamerika, der 1890 nach dem Massaker bei Wounded Knee brach, kostete 400.000 Native Americans das Leben. Im Mittelpunkt des Stadtgesprächs steht der wildlederne, mit Perlenstickereien geschmückte Anzug eines nordamerikanischen Plain-Bewohners aus der Zeit um 1840. Der seltene vollständige Anzug gelangte 1881 als Geschenk des Kaufmanns Flohr ins Museum. Flohr lebte lange Zeit in den USA, kehrte aber später nach Osnabrück zurück. Er erwarb den Anzug 1845/47 in New Mexiko, eventuell auf einer militärischen Expedition während des Mexikanischen Krieges.
Sonntag, 19.5.2019, 10-18 Uhr, Museumsquartier. Akzisehaus
Internationaler Museumstag 2019
Die „Old Melle Trading Company” im Museumsquartier
Der Internationale Museumstag steht ganz im Zeichen der Ausstellung „Blutsbrüder – Der Mythos Karl May in Dioramen“. Dabei wird das Museumsquartier tatkräftig durch Aktionen der „Old Melle Trading Company“ unterstützt.
Freitag, 24.05.2019, 18 Uhr, Museumsquartier. Akzisehaus
»Winnetou – Der Mythos lebt«
Filmvorführung und Diskussion mit Christian Becker
Die für den Fernsehsender RTL produzierte zeitgenössische Adaption der Winnetou-Filme der 1960er Jahre durch die Fa. Rat Pack versucht, den Stoff filmisch zu aktualisieren. Dabei stellt sie die Narration Karl Mays in einen zeitgeschichtlich realistischen Zusammenhang. Nach der Filmvorführung wird gemeinsam mit dem Produzenten Christian Becker über seinen Ansatz diskutiert.
Eintritt 5 Euro, ermäßigt 3 Euro
Während der gesamten Laufzeit der Ausstellung gibt es für angemeldete Gruppen während der Öffnungszeiten und für Schulklassen ab 9 Uhr spannende Angebote
Führung durch die Ausstellung (60 – 90 Min.)
Kosten: 60,-€ zzgl. Eintritt, Schulklassen 40,-€ inkl. Eintritt
Führung mit anschließendem Bogenschießen (90 Min.)
Kosten: 60,-€ zzgl. Eintritt, Schulklassen 40,-€ inkl. Eintritt
Führung mit anschließendem Werkstattprogramm, Bau von Medizinbeuteln (120 min.) Schulklassen: 60,-€ inkl. Eintritt
Wegen Umbau geöffnet
Eine private Führung ist die angenehmste Art, die Werke, die Ausstellungen und die Architektur im Museumsquartier kennen zu lernen.
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