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14. „Wir Gratulieren: 25 Jahre im Dienst unseres Hauses“

Karmann-Post, Heft 143, Osnabrück 1992

Osnabrück im Herbst 1992. Das Jahr gehört noch zu den besseren des Osnabrücker Autoherstellers Karmann. In Ausgabe 143 der unternehmenseigenen Zeitschrift, regelmäßig für die Betriebsangehörigen von Karosseriewerk, Presswerk und Werkzeugbau herausgegeben, wird positiv in die Zukunft geblickt. Es wird über Job-Rotation und neue Ausbildungsroboter berichtet. Aktuelle Sondermodelle wie der Golf Cabriolet „Genesis“ werden vorgestellt. In Peking hat gerade eine Karmann-Schau stattgefunden. Die US-Presse in der berühmten Autobauerstadt Detroit lobt den Corrado – „It’s worth every Pfennig“. Auf einem Fußball-Turnier in der französischen Partnerstadt Angers besiegen die Karmann-Werkskicker im Spiel um Platz 5 den FC Etienne Sabatie mit 3:1. Den heimischen Karmann-Cup gewinnt die Spielgemeinschaft Karmann-Werkzeugbau gegen kabelmetal mit 3:0.

Auf einer Doppelseite wird zudem 20 Betriebsangehörigen zu ihrem 25-jährigen Dienstjubiläum gratuliert. Diese 20 stehen für ein Vierteljahrhundert gemeinsame Arbeit von KollegInnen in Montage, Presswerk, Lackiererei, Schleiferei und Näherei. Jene kommen aus sehr unterschiedlichen Orten. Viele stammen aus Osnabrück und Umgebung, so Pressenführer Manfred Marsch (* 1944 in Osnabrück), Modellbauer Werner Krämer (* 1952 in Mettingen) und Chemotechniker Dieter Niermeier (* 1945 in Bad Essen). Einige hat vermutlich die Arbeit aus dem norddeutschen Raum nach Osnabrück gelockt; etwa Montagefacharbeiter Helmut Rievesehl (* 1935 in Klein Meckelsen bei Hamburg) oder Endfertigsteller Alfred Janssen (* 1943 in Scharrel). Dagegen könnte Klaus Rother aus der Endfertigung, am 5. Oktober 1945 im niederschlesischen Weisstein bei Waldenburg geboren, im Zuge der Zwangswanderungen des Zweiten Weltkrieges in die Osnabrücker Region gelangt sein.

Am eindrucksvollsten unter den Jubilaren ist der Anteil von 30 Prozent, den die „Karmänner“ mit spanischen Wurzeln ausmachen. Dazu gehören der Presser Francisco Ruiz Sanchez aus dem andalusischen Huelva, der Schleifer Joaquin Santiago Gala aus Granja und Montagearbeiter Antonio Saez Saez aus Burges. Der Region Extremadura entstammen der Näher Guillermo Quintana Sanchez (Badajoz) und Montagefacharbeiter Joaquin Cassado Sanchez. Schließlich gehört mit der Näherin Francisca Montes Hermoso aus Cadiz sogar die einzige Frau der Dienstjubilare zur spanischen Gruppe. Alle sind sie 1967 in das Unternehmen eingetreten. Zu diesem Zeitpunkt bestand das am 29. März 1960 abgeschlossene deutsch-spanische Anwerbeabkommen bereits sieben Jahre. Sechs Jahre später wird die Bundesrepublik mit dem Anwerbestopp von 1973 ihre „Gastarbeiter“-Politik entscheidend verändern.

Weitere 19 Jahre später erscheint die Karmann-Post Nr. 143 in einer Phase, als die zugezogenen und gebliebenen Menschen mit ihren Familien schon zum Alltag gehören – in Deutschland, in Osnabrück, bei Karmann. Nicht von ungefähr richtet die Werksküche – wie die Karmann-Post ebenfalls zu berichten weiß – eine „Spanische Woche“ aus. In der Kantine herrscht großer Andrang bei Paella (das spanische Nationalgericht aus Reis, Meeresfrüchten und Hühnerfleisch), Costilleta de Cerdo (Schweinekotelett), Filete de Atún (Thunfischsteak) sowie bei viel Gemüse und Salat. Nur vereinzelt gibt es Klagen über das Essen. Ein offensichtlich fleischverwöhnter Mitarbeiter aus der Hausdruckerei meint zu den Zucchini: „Für mich bloß nichts von dem grünen Zeug“.

Mit den einst angeworbenen ArbeiterInnen aus dem Süden Europas kommt auch eine andere Kultur nach Osnabrück; andere Speisegewohnheiten etwa. Und der Erfolg der „Spanischen Woche“ bei Karmann macht deutlich, das durchaus Appetit auf mehr besteht: Das Konzept „internationale Küche“ soll bald mit einer „Portugiesischen Woche“ fortgesetzt werden – sicher orientiert an den 250 portugiesischen MitarbeiterInnen, die zu dieser Zeit bei Karmann tätig sind. Ihren Zuzug nach Osnabrück hat das Deutsch-portugiesische Anwerbeabkommen von 1964 ermöglicht. Ein paar Jahre später werden die ersten von ihnen ebenfalls ihr 25jähriges Dienstjubiläum bei Karmann feiern: Dann wird es in der Karmann-Post wieder heißen: „Wir gratulieren!“


Steckbrief

Titel: Karmann-Post, Heft 143
KünstlerIn/HerstellerIn: Wilhelm Karmann GmbH (Hrsg.); Meinders & Elstermann (Druck)
Material/Technik: Papier, Zeitschriftendruck
Herstellungsort: Osnabrück
Datierung: 1992
Maße: 29,7 x 21 (aufgeschlagen 42) cm
Bemerkungen: Sonderseite zum 25jährigen Dienstjubiläum (S. 16f.)
Aufbewahrungsort: Osnabrück, Kulturgeschichtliches Museum, A 5646

Wegen Umbau geöffnet

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